Im Studium wird die aktuelle Restaurierungsethik gelehrt. Sie besagt im Groben, dass restauratorische Eingriffe zurückhaltend und nur auf das Nötigste beschränkt werden sollten. Ergänzungen sind gerechtfertigt, wenn sie nötig sind, um das Objekt konstruktiv oder in seiner Aussagekraft zu erhalten, zu konservieren.
Doch das ist eine museale Ansicht.
Welcher private Antiquitätenbesitzer bezahlt für eine Restaurierung, wenn er am Ende ein unvollständiges Möbel oder Bild oder dergleichen wiederbekommt?
Ich selbst habe auch wenige Antiquitäten und auch ich möchte diese in meinen heimischen vier Wänden benutzen können. Dabei sollen sie natürlich auch “ordentlich” aussehen. Allerdings bin ich so geschult, dass ich auch kleine Fehlstellen, Flecken oder ander optische Beenträchtigen akzeptiere. Ich stelle meine optischen und praktischen Ansprüche gegenüber konservatorischer Belange zurück.
Doch bei Privatpersonen kann man dieses Verständnis nicht voraussetzen. Häufig wünschen sie, dass ihre Möbel wieder “wie neu” aussehen sollen – oder gar in ihre übrige Raumgestaltung eingepasst werden sollen.
Wenn der sogenannte Laie wüsste, wie das alte Möbel aussah, als es wirklich neu war…. Dann würde er es nicht fordern. Denn eigentlich mag er doch nur die schöne gealterte Oberfläche.
Was ist dann aber mit “wie neu”, “wieder schön”, “aufhübschen” oder “erstrahlt in altem Glanz” gemeint? Und sind diese Begriffe nicht sowie so rein subjektiv?
Für uns Konservatoren/Restauratoren ist das ein ständiger Konflikt – wenn wir nicht gerade in einem Museum arbeiten. In meiner bisherigen Praxiserfahrung musste ich bisher glücklicherweise kaum Verantwortung dafür übernehmen, was ich restauratorisch dürchführe und was nicht. Doch ich habe mich trotzdem immer gefragt, was man vertreten kann und was nicht.
Und ich frage es mich immer noch ständig – denn so etwas kann man im Studium nicht lernen.