Für einen Bekannten habe ich gerade eine Kommode “wieder schön” gemacht.
Aus meiner Sicht ist sie schon schön geworden. Wobei dies natürlich subjektiv ist und die Veränderungen ethisch nicht konstant einwandfrei vertretbar sind.
Einige Veränderungen waren dabei aber durchaus aus restaurierungsethischer Sicht vertretbar: Die Kommode hatte z.B. keine Füße mehr, sie hatte Griffe, die stilistisch überhaupt nicht passten, ihre riesigen Risse waren schrecklich gekittet (weit über den eigentlichen Riss hinaus verschmiert) und sie hatte kaum noch einen Überzug.
Gut, wenn man die Ethik ganz genau nimmt, hätte ich die fehlenden Füße, passende Schlüsselbleche und Griffe nicht einfach so ergänzen können. Denn ich hatte kaum bis keine Anhaltspunkte, wie diese Teile gestaltet waren. Dafür hätte ich mehr Vergleichsobjekte finden müssen.
Auch den noch gering vorhandenen Lack hätte ich genau auf seine Bestandteile untersuchen müssen, um zu sagen, was früher drauf war. Denn eigentlich müsste man die gleiche Politur wieder verwenden.
Aber mal ehrlich: Welcher Privatkunde bezahlt das alles?
Selbst Museen betreiben nicht solchen Aufwand – außer bei überaus bedeutenden Stücken.
Das heißt nun aber nicht, dass ich die Ethik überzogen finde! Im Gegenteil. Ich bin der Meinung, dass unser Beruf eine so strenge Ethik braucht – von der man dann Kompromisse ableiten kann. Aber wenn man keine solche Ethik hat, kann man logischerweise auch keine Abstriche machen und dann macht ja jeder, was er will. Dann geschehen nämlich solche Dinge, die im Antiquitätenhandel vorgehen: Bemalte Bauernschränke werden abgebeizt oder die Möbel anderweitig umgearbeitet. Nur weil das gerade als “schön” empfunden wird? Weil es sich leichter verkaufen lässt? Mehr Geld damit machen lässt?
Und wo bleibt da der Respekt vor unseren Vorfahren? Solche Möbel waren einmal überaus kostspielig und wurden sehr geschätzt, über Generationen weitervererbt.
Außerdem gibt es heute andere Mittel und Wege, solche Möbel dem Zeitgeschmack anzupassen ohne Zeugnisse von früher unwiederbringlich zu vernichten. So kann man die Oberflächen neu streichen. Verwendet man dafür ein Farbsystem, dass sich mit dem alten nicht verbindet und/oder bringt eine Trennschicht ein, kann man bei Bedarf die alte Fassung (theoretisch) wieder freilegen.
Bevor wir also unsere alten Möbel “schön” machen wollen, sollten wir einen Moment darüber nachdenken, besonders über die weitreichenden Auswirkungen.